Auswanderer

Auswanderer

In dem „Wochenblatt für die Grafschaft Schaumburg“ vom 24. März 1864 fand ich nachstehende Anzeige des Rodenbergers Phil. Behrend.

Da kam mir die Erinnerung an einen Bericht aus dem Jahre 1846 aus der Chronik Algesdorfs. In jenem Jahr waren in fast ganz Europa die Ernten infolge anhaltender Nässe missraten. Auch hier bei uns gab es nur schlimme Missernten. Besonders groß wurde die Not im Frühjahr 1847. Es fehlten Kartoffeln, Brotgetreide und das Viehfutter. Der Lebensmittelpreis verdreifachte sich. Der Himpten Roggen, etwa 30l, stieg von 30 Groschen auf einen Taler. Wenig Arbeit ergab auch wenig Lohn. Um zusätzliche Arbeit zu generieren ließ man in Schaumburg-Lippe von der Fürstin Ida, den Ida Turm im Harrl und den Wilhelms Turm auf dem Rehburger Berge errichten. Bei uns wurden viele Tagelöhner und Arbeiter aus dem Steinbruch von den hiesigen Bauern unterstützt. Diesen Nahrungssorgen und dem geringen Verdienst ist es wohl zuzuschreiben, dass viele Bürger Algesdorfs nach Amerika auswandern wollten. Die Tischler im Dorf und in der Stadt Rodenberg hatten im Frühjahr 1847 nichts anderes zu tun als Kisten und Kästen für die Amerikafahrer zu zimmern.

Am 5. Juni 1847 zogen 28 Personen von hier fort. Eine große Begleitung von Freunden und Bekannten zog mit ihnen bis nach Haste zum Bahnhof und dem Zug nach Bremen.

In den Folgejahren bis zum Jahrhundertwechsel waren es insgesamt mehr als 50 Personen die ihr Glück in Amerika suchten.

Die Ernte im Herbst 1847 war dagegen wieder gut und machte der herrschenden Hungersnot ein Ende.

 

Was wissen wir über Philip Behrend?

Philip Behrend ist 1801 in Rodenberg als 5. Kind des Itzig Behrend ( 1765-1845 ) und seiner Frau Rebecca Isrelin aus Coppenbrügge ( 1771-1843 ) geboren.

Er wuchs mit 10 Geschwistern in dem Haus an der Aue auf.

Philip/Feibisch Behrend starb mit 83 Jahren 1884 in Rodenberg.

Von seinen Geschwistern sind zwei, nämlich Bernhard sein ältester Bruder und Julchen seine jüngste Schwester nach Amerika ausgewandert.

Itzig Behrend, der Chronist

Sein Vater Itzig Behrend hat das Leben seiner Familie in Rodenberg beschrieben und gehört somit zu den Chronisten, die im Museum ausgestellt werden.

Die Chronik bringt tagebuchartige Eintragungen der wichtigsten Ereignisse aus dem

Leben des Händlers Itzig Behrend. Er berichtet von Begebenheiten des öffentlichen und privaten Lebens aus den Jahren 1801 bis 1843, vor allem von den Auswirkungen des Napoleonischen Feldzuges.

Itzig Behrend wurde 1765 in ’Grove 65’ geboren. Nach Erwerb der Häuser zog er 1796 nach ’Grove 88’ und 1817 nach ’Mühlenstraße 15’ (heute Oberheide an der Steinaue – siehe Bild). Er hatte elf Kinder, von denen zwei schon im Alter von 5 und 10 Jahren starben.

 

Bernhard Behrend und der Juden-Distrikt in Amerika

Itzigs ältester Sohn Bernhard, geb. 1793, hatte den Plan einen Distrikt in Nord-Amerka zu kaufen, damit sich die jüdischen Glaubensbrüder dort niederlassen können. Er nahm mit verschiedenen wohlhabenden Juden, die im Bankgeschäft bedeutend waren, Kontakt auf; hatte jedoch keinen Erfolg.

1847 bietet Bernhard Behrend freiwillig sein Haus und seine Ländereien an Meistbietende zum Verkauf an um auszuwandern.

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