Martens Abend kumt heran ….

…. sangen die Rodenberger Kinder in ihrem Martinslied.
Aus Riehe wurde ein anders lautender Text überliefert, wie uns Ralf Schröder vom Arbeitskreis Heimatgeschichte des Vereins „Glück-Auf“ Riehe mitteilt:

Das Martinssingen in unserer Heimat wird, als alter protestantischer Brauch, auf dem Geburtstag von Martin Luther am 10. November gepflegt. Nicht zu verwechseln mit dem „Martinstag“ am 11. November. Am 11. November wurde Martin Luther getauft und
bekam nach damaliger Sitte den Vornamen des entsprechenden Namenstages. Bei den Namenstagen handelt es sich um Gedenktage der Heiligen gleichen
Namens. Beim Martinssingen gehen die Kinder nach Einbruch der Dämmerung mit Gesang von Haus zu Haus und bitten mit gereimten Sprüchen oder/und dem Vortragen
plattdeutscher Lieder, um milde Gaben.
Ursprünglich sammelten sie bei diesem Brauch Lebensmittel, die tatsächlich für
den Wintervorrat in den weitgehend armen Bevölkerungsschichten eingelagert
und nach und nach verzehrt wurden. Später wandelten sich die Gaben
überwiegend zu Süßigkeiten, Obst und „Barem“.
Mittlerweile macht sich das Halloween als „Konkurrenz“ gegen das Martinssingen
bemerkbar. Wollen wir hoffen, dass auch weiterhin das traditionelle
Martinssingen in unserer Heimat Bestand hat!!
Da die früher in Riehe selbstverständliche Gesangsbegleitung teilweise nur noch
im Ansatz oder bruchstückhaft zu hören ist und der gebräuchliche „Originaltext“
weitgehend in Vergessenheit geraten ist, soll der Abdruck des folgenden
plattdeutschen Liedes einen Beitrag dazu leisten, damit der Text nicht in
Vergessenheit gerät und vielleicht auch weiterhin gesungen wird:

Originaltext (Plattdeutsch)
Matten, Matten
gau’en Matten,
Appel un däi Bian,
Nüate un däi Kian,
Brommbian smecket auk sau gaut,
smäit se in meein Zylinderhaut.
Läat meck nich tau lange stäahn,
eck mot noch hen näah Kölln gäahn.
Kölln is ne greote Statt,
dor kräi’et alle Kinner watt.

… und rückte die Bauersfrau keine Gaben heraus,
wurde folgender Vers gesungen:

Witten Twiarn, swatten Twiarn,
däi eole Hexen gift nich giarn.

 

Wie in der Rodenberger Chronik nachzulesen ist bestand auch in Rodenberg die Sitte, dass am Vorabend des Martinstages die Kinder in kleinen Trupps von Haus zu Haus zogen und nach einem Absingen des Martinsliedes mit Martinshörnern, Äpfeln, Bratbirnen, trockenen Zwetschen und Nüssen beschenkt wurden.
Das Rodenberger Martinslied hatte in seiner ursprünglichen Form folgenden Wortlaut:

Martens Abend kumt heran
de Klinke up de Pennen.
Hei gaw mit vullen Hännen.
De Appel und de Beeren
de Nöte und de Hören.
Zieperling, Zieperling
schöne is de Fru, schöne is de Fru.
Ek höre de Slötel klingen,
ek glöw ek mot noch singen,
ek höre de Slötel klappeln
ek glöw ek kriege Appeln,
Zieperling, Zieperling
schöne is de Fru, schöne is de Fru.

Zeigte sich nach Absingen keine Spenderin wurde folgender Vers angestimmt:

Lat mek nich tau lange stahn
ek mot noch hen nach Köln gahn,
Köln is ne rieke Stadt
da krieget alle Kinner wat,
Zieperling, Zieperling,
Lührig is de Fru, lührig is de Fru.  (lührig=unlustig zum Geben)

Blieb auch diese Mahnung ohne Erfolg, so wurde gesungen:

Marten, Marten trüll,
de Kauh sch…uppen Süll,
wör se en beten füdder lopen
här se jük int Mul´e dropen.
Zieperling, Zieperling.
Gietig is de Fru, gietig is de Fru.  (gietig=geizig)

Da aber die Kinder in fast allen Häusern beschenkt wurden, kam es nur selten zum Absingen des letzten Verses.
Bis um 1850 wurde das Rodenberger Martinslied in dieser althergebrachten Weise von den Kindern zur Martinszeit gesungen. Dann aber schlichen sich leider in den Text kleine Abweichungen ein.

Desweiteren ist in der Rodenberger Chronik nachzulesen, dass der Martinstag und die Martinswoche auch zahlreiche sog. Martensschmäuse mit sich brachten. Magistrat und Stadtvorstand, die Brauergilde und jede der sechs Zünfte hielten ihre Martenschmäuse
– verbunden mit eigenartigen Sitten und Besonderheiten und einem tüchtigen Zechengelage – in der Zeit vom 4. bis 12. November nacheinander auf dem Rathause ab. Die, der Grover Einwohner fanden dagegen im Grover Kruge statt. Die Beamtenschaft des Rodenberger Amts versammelte sich zu ihrem Martinsschmause im Stockholm. Auch die Frauen beteiligten sich an diesen Mahlzeiten, bei welchen zu dem Gänsebraten, außer der üblichen Beikost, die sog. Martenhören (Martinshörner, ein hufeisenförmiges mit Mohnsamen bestreutes Weizengebäck) in großen Mengen verzehrt wurden. Um Martini herum spielten in allen Haushaltungen die nur zu dieser Zeit gebackenen Martenhörner eine große Rolle und durften während der Martinswoche bei keiner Mahlzeit fehlen.

Einen Hauch dieser Tradition spüren wir noch, wenn heute Abend St. Martin auf seinem Pferd durch Rodenbergs Straßen reitet, gefolgt von unzähligen Kindern mit ihren bunten Laternen – ein jedes Kind bekommt zum Abschluss ein Martinshörnchen.

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